Diesen Bericht veröffentlichte ich bereits am 08. März auf der Sportlerseite von Larasch.de, aber sollte nach meiner Meinung auch in diesen Blog seinen Platz finden. Viel Spaß beim Lesen 🙂
„Gestern fuhr ein Matatu in unser Camp und brachte neue Gäste. Beim Aussteigen erkannte ich das Pärchen sofort wieder und hieß Sie im Kerio View Hotel willkommen. Sie lachten und meinten, wir seien hier ja auch schon wie zu Hause.
Das 12. Mal in Kenia, im Camp in Iten und das innerhalb von 7 Jahren lässt einen fast heimisch werden. Man kommt auch hier an und ist sofort da. Man kennt alles, kennt die Tagesabläufe, die Menschen, die Umgebung und weiß, was einen erwartet. Zum einen ist das ein großer Vorteil, da man nicht überrascht werden kann und sich voll auf das Training konzentrieren kann, zum anderen gibt es nicht mehr viel Neues zu Entdecken und man weiß, was einen bevorsteht.
Nach meinen ersten Aufenthalten hier in Kenia habe ich immer ein Jahr gebraucht, um sagen zu können; Ich bin wieder bereit für Kenia. Inzwischen sind wir bei drei Aufenthalten pro Jahr angekommen und ich bin von mir selber überrascht. Es geht dabei nicht um die Erholung vom körperlichen Training, sondern um die mentale Erholung.
Im Trainingslager brennt man auf Dauerflamme und das nicht nur bei den harten Trainingseinheiten, sondern 24 Stunden – 7 Tage die Woche und das 4 Wochen lang. Man hat zwar lockere Tage, aber der Kopf ist schon wieder weiter bei der nächsten ‚Kotz-Einheit’. Und von diesen hat Kenia viele zu bieten. Ein lockerer Nachmittags-Dauerlauf, der zu Hause im heimischen Wald gemütlich abgespult wird, wird hier zu quälenden 80 Minuten, in denen man beginnt, Selbstzweifel zu hegen und sich fragt, was man hier eigentlich macht. Ob das noch so gesund ist?! 😉
Training in Iten – The Home of Champions, ist für mich trainieren am Limit. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.
Da ich sehr auf Höhe anspreche und der Effekt, der Höhentraining mit sich bringt, bei mir deutlich sichtbar wird, wenn ich wieder auf NN bin, fällt mir das Trainieren auf 2400m Höhe und in der Wärme sehr schwer. Oft bin ich deutlich langsamer unterwegs, als meine Trainingskollegen, mühe mich bei bestimmten Einheiten ab, die sonst locker abgespult werden können. Obwohl man weiß, dass das normal ist, baut es einen vom Kopf nicht gerade auf und man kommt die eine oder andere Einheit schon mit Tränen im Camp an und fragt sich, kann ich überhaupt noch laufen?!
Dazu kommen die körperlichen ‚Wehwehchen’. Ich rede nicht von dem obligatorischen Muskelkater; Es sind Muskelschmerzen, kleine Reizungen, Blasen und aufgescheuerte Stellen, Durchfall, Magenprobleme um die man hier nicht rumkommt. Werden bestimmte Schmerzen mehr oder gehen gar nicht mehr weg, nagt das am Gemütszustand. Die Nächte fühlt man sich dann wie eine Mumie – eingewickelt in Salbenverbände von oben bis unten 😉 Die Gänge zum Masseur/Physiotherapeuten sind Tagesroutine und halten uns am Laufen.
Ja und dann ist da noch ein Begleiter, der weh tut – das Heimweh. Ich bin ein sehr familiärer Mensch und
liebe es, zu Hause zu sein. Natürlich habe ich den Vorteil, dass ich meine Eltern, besonders meine Mama stetig dabeihabe, da sie meine Trainerin ist. Doch mein Freund und Lebensgefährte muss eine gute Jahreshälfte auf mich verzichten und ich auf ihn. Das sind schwere Zeiten, die es zu überstehen gilt.
Wenn man das alles so liest, kann man sich fragen, warum tut man sich das an. Eine einfache Antwort: Des sportlichen Erfolges und des Vorankommen wegen.
Ich weiß, dass, wenn ich Kenia gut überstehe, habe ich physisch was drauf und psychisch sowieso. Das kräftezehrende Training gibt einen Power in den Beinen – das mentale Training hier macht einen hart und ist absolute Willensschulung für die Marathondistanz.
Da Kenia meist anfangs des Jahres stattfindet, freut man sich nach den 2-3 Aufenthalten hier oben auf die kommenden Lehrgänge im Laufe des Jahres. Vom Kopf sind diese für mich dann einfacher, auch wenn das Training nicht leichter wird.
Was man dem Kopf so alles zu verdanken hat. Zu was man in der Lage ist und sich motivieren kann. Tag für Tag – Einheit für Einheit. Das man nicht aufgibt, sondern gegen den inneren Schweinehund und die körperlichen Schmerzen angeht, das ist, glaube ich das, was uns Leistungssportler ausmacht – für eine sportliche Leitung mit innerer Zufriedenheit.“