Das Marathonfrauen-Rennen in der Nacht von Freitag auf Samstag kann man als Tortur für alle Athletinnen bezeichnen. Dass die Bedingungen hart werden und die Startzeit außergewöhnlich ist, war bekannt. Dass viele Top-Athletinnen in Hinblick auf das kommende Olympia-Jahr auf einen Start verzichteten, um jeglichen gesundheitlichen Risiken aus dem Weg zu gehen, kann ich vollkommen nachvollziehen. Auch habe ich Achtung für die Athletinnen, die die Herausforderung annahmen.
Am Ende vermute ich dennoch, dass viele Athleten und Trainer nicht mit solch krassen Bedingungen gerechnet haben.
In der Vergangenheit hatten wir genug Hitzerennen mit der WM in London – Start 14:00 Uhr bei fast 30 Grad in der Sonne oder dem EM-Rennen in Berlin, im heißesten Sommer seit Jahren.
©Matthias Hangst / WM London ©Bjorn Paree / WM London
Dennoch können viele Athleten mit hohen Temperaturen umgehen und entsprechende Zeiten laufen.
Allerdings kam in Doha nun auch die hohe Luftfeuchtigkeit dazu – über 70% beim Startschuss um 23:59 Uhr.
Die Zwischenzeiten ließen auf eine „langsame“ Zielzeit hindeuten. Hier ging es ums nackte „Durchkommen“. Dass am Ende grad einmal 40 Athletinnen überhaupt das Ziel erreichten, ist in meinen Augen ein Armutszeugnis für solch eine Veranstaltung.
Dass Athleten aussteigen aufgrund von Problemen, ist nicht ungewöhnlich, aber das fast jede nicht gefinishte Frau am Ende mit einem Rollstuhl in ein Sani-Zelt gebracht wurde, finde ich erschreckend!
Und dabei handelte es sich nicht um Athletinnen, die vielleicht das erste Mal dabei waren, sondern gestandene Athletinnen, die in der Weltspitze mit Zeiten von 2:23 bis 2:28 Stunden dabei sind.
Nun werden Fragen laut, ob sie sich falsch vorbereitet haben?! Dazu sage ich zu den meisten; Nein.
Haben Sie sich falsch entschieden, in der Hoffnung bei einem doch sehr ausgedünnten Starterfeld die Chance auf einen vorderen Platz zu ergattern, um das Olympia-Ticket zu ziehen. – Vielleicht?
Es gab auch die Aussagen; Na da hätten doch unsere Deutschen mitlaufen können und Punkte sammeln können?! Dazu sage ich: Abhängig von der Hitzeverträglichkeit, wären auch wir weit über unseren Bestleistungen gelaufen. Vielleicht hätte die eine oder andere Athletin die Top 20 erreicht, aber wofür? „Scheiß Zeit – keine Olympiaqualifikation – lange Erholung, um dieses Rennen zu verkraften!“
© picture alliance / EM Berlin © Andy Astfalck / EM Berlin © Matthias Hangst / EM Berlin
Davon abgesehen, hatten mit Arne Gabius und mir nur zwei deutsche Athleten die IAAF-Norm im vorgegebenen Zeitraum (2:13:00/2:31:00) für die WM in Doha erfüllt.
Im Schnitt liefen die Athletinnen 15-20min langsamer, als ihre Bestzeit. (2:17:08h Ruth Chepngetich ->2:32:42h) Einige Athletinnen gaben nicht auf und kamen bei über 3h, die eine magische Grenze für Hobbyläufer darstellt, ins Ziel.
Und ebenso muss ich dazu sagen, es handelt sich immer noch um Hoch-Leistungssport und nicht Extrem-Events, wo „nur“ das Durchkommen und Ankommen zählt.
Aber solch ein Rennen war der Marathon und genauso sind die Geher-Wettbewerbe und der Marathon der Männer kommendes Wochenende zu bewerten. Den Athleten macht man damit keine Freude, denn jeder einzelne steht an der Startlinie um sein Besten zu geben und nicht nur ankommen zu wollen. Dafür haben sie sich nicht ein halbes Jahr mit 40Std-Wochen akribisch vorbereitet.
Fazit wird sein, wenn wieder solche großen Meisterschaften unter diesen Bedingungen stattfinden sollen, dass ein noch kleineres Feld an der Starlinie steht. Aber ob das im Sinne einer internationalen Meisterschaft ist, wage ich zu bezweifeln.
Titelbild ©Bjorn Paree